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eHealth-Systeme auf KI-Basis – mit dem Potenzial, medizinische Versorgung durch vorausschauende Analyse, präzise Diagnostik und individualisierte Prävention grundlegend zu verändern

Veröffentlicht im November 2025

Der Einsatz von KI in eHealth-Systemen markiert einen tiefgreifenden Wandel im Gesundheitswesen. Durch die intelligente Auswertung von Patientendaten können Krankheiten früher erkannt, Diagnosen unterstützt und individuelle Therapiepläne entwickelt werden. Präventive Maßnahmen lassen sich gezielter anstoßen, während der Zugang zu medizinischer Versorgung verbessert und medizinisches Personal durch automatisierte Routinetätigkeiten entlastet wird. Diese Technologien schaffen nicht nur Effizienzgewinne, sondern eröffnen neue Perspektiven für eine personalisierte, präzisere und umfassendere Versorgung. Konkrete Beispiele für KI-basierte eHealth-Systeme reichen von KI-gestützter Analyse medizinischer Bilddaten (bspw. Röntgenaufnahmen oder MRT-Scans) über digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die Patienten in der Bewältigung chronischer Erkrankungen unterstützen, bis hin zur Ausweitung telemedizinischer Beratungen. Auch elektronische Patientenakten und Gesundheitskarten sind wesentliche Bausteine einer digital vernetzten, KI-gestützten Gesundheitsversorgung.

Diese Entwicklungen reichen in die gesamte Wertschöpfungskette des Gesundheitswesens hinein. Sowohl stationäre Einrichtungen als auch ambulante Praxen und Pflegedienste für die Häuslichkeit sowie Kommunen und ihre Gesundheitsämter könnten als Nutzer dieser Technologien unmittelbar berührt sein. Zentrale Akteure in der Weiterentwicklung dieser Technologien sind einerseits Unternehmen der Medizintechnik, der Softwareentwicklung und der Datenanalyse, andererseits Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Weiterbildungsinstitutionen, die den notwendigen Wissenstransfer und die Ausbildung zukünftiger Fachkräfte sichern.

Insbesondere in Thüringen eröffnen sich durch diese Technologien Chancen, die über rein technologische Aspekte hinausgehen. Es ist denkbar, dass regionale Versorgungsunterschiede ausgeglichen werden könnten, dass die medizinische Versorgung in ländlichen Räumen besser angebunden und gleichzeitig neue Geschäftsmodelle für Unternehmen erschlossen würden. Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Freistaat verfügen bereits heute über zentrale Kompetenzen in der Medizininformatik, der KI-Entwicklung oder auch der Versorgungsforschung.

Für die qualitative Analyse des Trends wurde die Annahme zugrunde gelegt, dass bis Ende 2035 60 Prozent der Krankenhäuser und Arztpraxen in Thüringen KI-basierte Diagnosesysteme einsetzen. Im Januar 2025 wurden im Rahmen eines Expertenworkshops mithilfe des Futures Wheels mögliche zentrale Entwicklungspfade des Trends identifiziert und unter Einsatz der Visual Roadmap ein Zukunftspfad entwickelt, der beschreibt, wie ein für den Innovationsstandort Thüringen positiver Zielpunkt im Jahr 2035 erreicht werden kann.

Ergebnisse des Futures Wheels

Im Rahmen des Futures Wheels wurde mit der Annahme gearbeitet: „Bis Ende 2035 setzen 60 Prozent der Krankenhäuser und Arztpraxen in Thüringen KI-basierte Diagnosesysteme ein.“ Ziel war es, auf Basis dieser Annahme den Möglichkeitsraum zukünftiger Entwicklungen systematisch zu erschließen. Dabei wurden drei zentrale Entwicklungspfade identifiziert, die unterschiedliche Potenziale und Herausforderungen für den Standort Thüringen aufzeigen.

Im Ergebnis wurden drei zentrale Entwicklungspfade identifiziert:

Klinische Daten als Innovationsmotor: Ein erster Entwicklungspfad, der im Rahmen dieses Futures Wheels identifiziert wurde, betrifft den leichteren Zugang zu klinischen Daten im Zuge der breiten Einführung KI-basierter Diagnosesysteme. Wenn ein Großteil der Krankenhäuser und Arztpraxen in Thüringen solche Systeme bis 2035 einsetzt, würde dies einerseits zu verkürzten Innovationszyklen im medizinischen Bereich führen, da neue Anwendungen schneller entwickelt, getestet und implementiert werden könnten. Andererseits ließen sich dadurch auch die diagnostische Präzision und Qualität der Versorgung signifikant verbessern. Dementsprechend ist denkbar, dass neue datengetriebene Geschäftsmodelle entstehen, die sowohl technologische als auch organisatorische Innovationen im Gesundheitswesen fördern. Gleichzeitig könnten sich Anreizsysteme zum Teilen medizinischer Daten herausbilden, bspw. durch standardisierte Plattformen oder regulatorische Rahmenbedingungen. Darüber hinaus könnte Thüringen verstärkt internationale Best Practices übernehmen oder selbst zur Referenzregion für sogenannte „Learning Journeys“ werden, bei denen Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch systematisch organisiert werden.

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KI verändert Anforderungs- und Qualifikationsprofile: Ein zweiter Entwicklungspfad, der im Rahmen des Futures Wheels zur Annahme identifiziert wurde, betrifft die veränderten Qualifikationsanforderungen, die mit dem flächendeckenden Einsatz KI-basierter Diagnosesysteme einhergehen. Wenn diese Systeme bis 2035 in 60 Prozent der Krankenhäuser und Arztpraxen in Thüringen zum Einsatz kommen, werden sich neue Anforderungen an Fachkräfte im Gesundheitswesen, an Technikdienstleister, Verwaltungspersonal sowie Entscheidungsträger stellen. In der Folge müsste das Ausbildungssystem entsprechend angepasst werden, um sowohl technische Kompetenzen im Umgang mit KI-Systemen als auch ein fundiertes Verständnis für deren gesellschaftlichen und ethischen Implikationen zu vermitteln. Diese Weiterentwicklung des Qualifikationsprofils könnte zugleich eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Systeme schaffen. Wenn medizinisches Personal, aber auch Patienten ein vertieftes Verständnis für Funktionsweise, Grenzen und Nutzen KI-basierter Diagnostik gewinnen, steigt die Wahrscheinlichkeit einer breiten Akzeptanz und vertrauensvollen Nutzung. Der Wandel hin zu einer umfassenden Kompetenzentwicklung könnte somit nicht nur die fachliche Qualität sichern, sondern auch zum sozialen und kulturellen Fundament für den erfolgreichen Einsatz von KI im Gesundheitswesen werden.

Datenspende, Infrastruktur, Geschäftsmodelle: Ein dritter Entwicklungspfad, der im Futures Wheel identifiziert wurde, adressiert den Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten im Kontext der zunehmenden Nutzung KI-basierter Diagnosesysteme. Wenn solche Systeme bis 2035 in einem Großteil der Thüringer Gesundheitseinrichtungen zum Einsatz kommen, ist mit einer generellen Steigerung der Datensicherheit zu rechnen. Dies würde nicht nur das Vertrauen in datenbasierte Technologien stärken, sondern auch die gesellschaftliche Diskussion über den Wert und die Bereitschaft zur Datenspende neu beleben, insbesondere mit Blick auf medizinischen Fortschritt und personalisierte Versorgung. Im Zuge dieser Entwicklung könnte sich eine robuste, vertrauenswürdige Dateninfrastruktur als zentrale Voraussetzung herausbilden. Auf dieser Basis wären vielfältige neue Geschäftsmodelle denkbar, bei denen Unternehmen Gesundheitsdaten – im Rahmen rechtlicher und ethischer Standards – zur Entwicklung innovativer Produkte und datenbasierter Services nutzen. So würde sich rund um die Themen Datensouveränität, Infrastruktur und Innovation ein dynamisches neues Ökosystem formieren, das wirtschaftliche Impulse mit gesellschaftlichem Mehrwert verknüpft.

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Ergebnisse der Visual Roadmap

Im Rahmen der qualitativen Weiterentwicklung der im Futures Wheel gewonnenen Erkenntnisse zur Annahme, dass bis Ende 2035 60 Prozent der Krankenhäuser und Arztpraxen in Thüringen KI-basierte Diagnosesysteme einsetzten, wurden von den Experten drei Geschäftsmodelle identifiziert, mit denen im Jahr 2035 voraussichtlich wirtschaftlicher Erfolg generiert werden kann. Die Visual Roadmap zeigt den Zusammenhang zwischen Anwendungen und Geschäftsmodellen, erforderlichen Technologien und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die zur Erreichung eines für den Innovationsstandort positiven Zielpunkts erforderlich sind. Der Zeithorizont spannt sich von 2025 bis 2035.

Anwendungen und Geschäftsmodelle

Entwickelte Geschäftsmodelle:Produkte & Dienstleistungen:
Datenverwalter/Datentreuhänder
Ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell ergibt sich im Bereich der Datentreuhänderschaft im Gesundheitswesen. Datentreuhänder übernehmen eine vermittelnde Rolle zwischen datenhaltenden Einrichtungen (z. B. Kliniken, Labore), anwendungsorientierten Akteuren (etwa Start-ups oder Versorgungsplattformen) und regulatorischen Instanzen. Sie schaffen Vertrauen durch rechtssichere Datenverwaltung, Einwilligungsmanagement und datenschutzkonforme Zugriffsstrukturen.
  • Datenmanagement für klinische Daten
  • Datenbasierte Gesundheitsmodelle (GM), z. B. aus medizinischen Geräten
  • Zertifizierung von IT-Software
  • Zertifizierung/QM
  • Schulungen für Gesamtprozesse
KI-basierte Auswertung medizinischer Bilddaten
Ein weiteres Geschäftsmodell liegt in der Entwicklung und Anwendung von KI-Systemen zur medizinischen Bilderkennung. Dabei geht es nicht nur um Diagnostikunterstützung, sondern auch um Mustererkennung, Frühwarnsysteme und strukturierte Dokumentation. Die Geschäftschance liegt in der Kombination hochspezialisierter Bildanalyseverfahren (z. B. für radiologische, dermatologische oder histologische Daten) mit lernfähigen KI-Algorithmen, die sich an neue Daten anpassen.Für Thüringer Unternehmen und Forschungseinrichtungen ergeben sich hier Potenziale in der Produktentwicklung, in der Dienstleistung (z. B. als zertifizierte Softwareanbieter) sowie in klinischen Partnerschaften mit bildgebenden Fachabteilungen.
  • KI zur Bilderdeutung
  • Reader für lokale Auswertung
  • Test-Herstellung und Upscaling
  • Schulung medizinischer Fachkräfte zur Systemintegration
  • Integration mit Workflow-Systemen
Integrierte Gesundheitsmodelle – Medizin trifft IKT
Langfristig entsteht ein skalierbares Geschäftsmodell durch die Integration medizinischer Versorgung mit Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Hier werden Gesundheitsleistungen, Therapievorschläge, Patientendaten und Versorgungsketten intelligent vernetzt. Dieses Modell zielt auf eine kontinuierliche, personalisierte und ressourcenschonende Gesundheitsversorgung – sowohl im stationären als auch im ambulanten Kontext.Thüringer Unternehmen, die technische Infrastruktur, medizinisches Fachwissen und digitale Service-Logik miteinander verbinden, können sich in diesem Feld als Systemintegratoren oder Plattformanbieter positionieren.
  • Integrierte Gesundheitsmodelle Medizin + IKT
  • Datenbasierte Gesundheitsmodelle
  • Workflow-Systeme
  • Plattformlösungen zur Vernetzung von Klinik, Praxis und Heimversorgung
  • Strukturiertes Versorgungscockpit für medizinisches Personal
Therapieorientierte KI-Systeme und Entscheidungsunterstützung
Dieses Geschäftsmodell basiert auf digitalen Assistenzsystemen für personalisierte Therapiewahl, z. B. in der Onkologie oder bei seltenen Erkrankungen. Anbieter entwickeln algorithmische Vorschlagssysteme, die Ärzte mit aktuellen Therapieempfehlungen unterstützen.
  • Therapie-Empfehlungssystem
  • Anbieter von Theranostik-Systemen
  • Integration sektorübergreifender Datenströme
  • Zertifizierte Assistenz-Software
Regionale Versorgungspartner und Gesundheitsinfrastruktur-Anbieter
Ein Geschäftsmodell, das auf eine stabile, flächendeckende medizinische Versorgung mit regionaler Verankerung abzielt. Ziel ist der Aufbau von Netzwerkstrukturen, Versorgungslösungen und Innovationszentren im ländlichen Raum – gestützt durch digitale Systeme.
  • Flächendeckende Versorgung im ländlichen Raum
  • Gesundheitserhaltung als dominantes gesellschaftliches Motiv
  • KV Thüringen als Koordinationspartner
  • TH als Leitanbieter für personalisierte Medizin

Rahmenbedingungen

Die Einführung KI-gestützter Gesundheitsanwendungen vollzieht sich in mehreren Etappen. Gesellschaftliche, regulatorische und institutionelle Bedingungen entwickeln sich dabei mit. Entlang des Zeitverlaufs lassen sich zentrale Voraussetzungen identifizieren, die schrittweise geschaffen werden müssen. Akzeptanz bei Schlüsselakteuren sichern: Bereits in der Frühphase ist entscheidend, dass zentrale Akteure im Gesundheitssystem die Potenziale neuer Technologien erkennen und sich aktiv in deren Entwicklung und Testung einbringen. Die Akzeptanz bei Lead-Anbietern, also bei großen Kliniken, forschenden Unternehmen oder Krankenkassen, wirkt als Katalysator für Markteintritt, Anschlussfähigkeit und Investitionssicherheit. Frühzeitige Beteiligung sichert zudem Relevanz und Praxisnähe der entstehenden Lösungen. Datenkooperation ermöglichen: Der Zugang zu hochwertigen klinischen Daten bleibt einer der zentralen Engpässe für die Entwicklung lernfähiger Systeme. Deshalb ist die Bereitschaft zur Datenteitung, insbesondere durch Krankenhäuser, Labore und Forschungspartner, eine wichtige Grundlage. Sie setzt Vertrauen in Governance-Strukturen voraus: Datenschutz, Zweckbindung und Sicherheit müssen verlässlich geregelt sein, damit Innovation und Verantwortlichkeit Hand in Hand gehen. Qualität dynamischer Systeme absichern: Mit wachsendem Einsatz von KI in klinischen Prozessen müssen auch die Bewertungsmaßstäbe weiterentwickelt werden. Klassische Prüfkriterien greifen zu kurz, wenn Systeme auf wechselnden Daten basieren oder kontinuierlich lernen. Entsprechend sind neue Qualitätsanforderungen zu definieren, die sowohl technische Robustheit als auch ethische und klinisch-praktische Aspekte integrieren, ohne Innovation zu blockieren. Kassenzulassung als systemische Brücke gestalten: Innovationen entfalten erst dann ihre Wirkung, wenn sie in die Regelversorgung gelangen. Dafür ist die Kassenzulassung ein struktureller Schlüsselmoment: Sie entscheidet über Verfügbarkeit, Skalierung und Refinanzierung. Bewertungs- und Erstattungsverfahren müssen deshalb an die Eigenschaften digitaler Medizin angepasst werden – etwa hinsichtlich Algorithmendynamik, Nachvollziehbarkeit und Validierbarkeit. Diversität methodisch verankern: Zuverlässige KI in der Medizin darf nicht auf Durchschnittsdaten basieren. Die gendergerechte Probenahme sowie die Repräsentation von Kindern und Jugendlichen ist daher kein Randthema, sondern ein methodischer Anspruch an Chancengleichheit und klinische Präzision. Studien, Trainings- und Validierungsprozesse müssen systematisch Diversität berücksichtigen, um Verzerrungen zu vermeiden und adäquate Diagnosen und Therapieempfehlungen zu gewährleisten. Technologieakzeptanz gesellschaftlich stabilisieren: Letztlich hängt die flächendeckende Einführung KI-basierter Systeme von ihrer hohen Akzeptanz im Alltag ab. Diese entsteht nicht durch Technik allein, sondern durch verständliche Kommunikation, erklärbare Entscheidungswege und erlebbare Verbesserung der Versorgung. Eine partizipative Entwicklungskultur, transparente Nutzungsketten und ethische Reflexion sind dabei entscheidende Faktoren für Vertrauen und Nutzungsoffenheit.

Technologien

Für die erfolgreiche Entwicklung und Markteinführung der antizipierten Geschäftsmodelle und dazu gehöriger Produkte und Dienstleistungen sind folgende technologische Voraussetzungen erforderlich:

Technologische VoraussetzungHerausforderungen
Biomarkerintegration und Screeningtechnologien
Zur frühzeitigen Erkennung individueller Gesundheitsrisiken und zur präziseren Diagnostik bedarf es integrierter, multimodaler Verfahren zur Erkennung und Kombination biologischer Marker. Die Integration verschiedener Biomarker ermöglicht eine tiefergehende Interpretation molekularer und bildgebender Diagnostik, insbesondere bei komplexen Krankheitsbildern. Auch das Screening als populationsbasierte Früherkennung profitiert von automatisierten Analyseverfahren und prädiktiven Modellen. Aufgrund des Erfordernisses zur Datenteilung Datenintegration würde die Rolle von Datentreuhändern an Relevanz gewinnen.
Standardisierung von Probenahme- und Auswertungsprozessen, Validierung prädiktiver Marker, Skalierbarkeit für breite Anwendung.
Datentechnologien für sichere und adaptive Informationsverarbeitung
Die zunehmende Vernetzung im Gesundheitssystem erfordert technologische Lösungen zur sicheren, datenschutzgerechten und anpassungsfähigen Informationsweitergabe. Federated Learning als technologische Lösung für Datenteilung ermöglicht das Trainieren von KI-Modellen, ohne dass sensible Patientendaten zentralisiert werden müssen. Ergänzend dazu ist Differential Privacy eine Schlüsseltechnologie zur Absicherung personenbezogener Informationen, die auch bei wiederholter Nutzung statistisch nicht rückverfolgbar sind.
Rechenaufwand dezentraler Lernverfahren, Absicherung verteilter Infrastrukturen, technische Komplexität bei Bereitstellung in Krankenhaussystemen.
Multimodale Bildgebung und interpretierbare KI
Für eine präzise und zuverlässige medizinische Diagnostik ist die multimodale Bildgebung zentral – also die Kombination verschiedener Bildgebungsverfahren (z. B. MRT, CT, Ultraschall) und diagnostischer Datenquellen. Zur klinischen Akzeptanz solcher Systeme sind Erklärbarkeitslösungen unerlässlich, die Entscheidungsfindungen nachvollziehbar machen – insbesondere bei KI-gestützten Analysen. Sie bilden die Grundlage für Vertrauen und ärztliche Rückversicherung.
Daten-Alignment unterschiedlicher Quellen, Echtzeitverarbeitung großer Datenmengen, Integration in klinische Workflows.
Biotechnologische Therapien und Testsysteme
Mit dem Fortschritt in regenerativer Medizin rücken stammzellbasierte Therapien in den Fokus – sowohl in der personalisierten Onkologie als auch in der Gewebe- und Organregeneration. Parallel dazu steigt der Bedarf an humanrepräsentativen Tests, die die physiologische Realität besser abbilden als klassische Tiermodelle. Solche Systeme nutzen z. B. Organ-on-a-Chip-Technologie oder KI-gestützte Zellkulturanalysen.
Standardisierung biologischer Materialien, ethische Zulassung, Langzeitverläufe.
Technologieakzeptanz durch nutzerzentriertes Design
Um technologische Systeme nachhaltig in der Versorgung zu verankern, ist deren Bedienbarkeit und Alltagstauglichkeit entscheidend. Usability und UX-Design sichern, dass medizinisches Personal wie auch Patienten neue digitale Anwendungen effektiv und ohne Barrieren nutzen können. Sie sind damit mehr als „Oberfläche“ – sondern integraler Bestandteil medizinischer Qualität.
Interdisziplinäre Entwicklungsprozesse, Variabilität medizinischer Nutzungsszenarien, Akzeptanz heterogener Nutzergruppen.

Wege in die Zukunft: Gesundheitsversorgung neu denken

Basierend auf diesem Möglichkeitsraum könnte Thüringen im Jahr 2035 zum Leitanbieter für personalisierte Medizin werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es von zentraler Bedeutung, dass geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu zählen zuverlässige Datensicherungssysteme, Dateninfrastrukturstandardisierungen, Zertifizierungen sowie Awareness und Akzeptanzprogramme für die Bevölkerung.

Die Visual Roadmap zu eHealth in Thüringen beschreibt ein ambitioniertes Zukunftsbild einer digital gestützten, personalisierten und vernetzten Gesundheitsversorgung. Zentrale Rolle spielt dabei der intelligente Einsatz von KI-Technologien, etwa für Bildauswertung, Therapieempfehlungssysteme oder multimodale Diagnostiklösungen. Technologische Grundlagen wie Datenmanagementsysteme, Softwareentwicklung für die klinische Anwendung, Testplattformen oder die Integration verschiedener Biomarker bilden das Fundament einer zunehmend datenbasierten Versorgung.

Ein zentrales Ziel ist der Aufbau neuer Anbieterstrukturen, die Genomik, Künstliche Intelligenz und Medizintechnik vereinen und durch vertrauenswürdige Dateninfrastrukturen gestützt werden. Damit entstehen auch neue Rollen im System, bspw. für Datentreuhänder, kuratierende Institutionen oder Unternehmen, die klinische Daten analysieren und validieren. Diese Akteure agieren in enger Abstimmung mit Ärzten, kassenärztlichen Vereinigungen und Kliniken und Patienten. Zukünftig werden Testentwicklung, Zertifizierung und Anwendung über Plattformen organisiert, die sowohl medizinische Expertise als auch digitale Systemkompetenz bündeln. Angesichts der Komplexität und hohen Ambition der beschriebenen, möglichen zukünftigen Entwicklung sollte geprüft werden, ob die Landesregierung oder Innovativ Thüringen gezielt einen crosssektoralen Dialogprozess initiiert, der die zuvor beschriebenen Stakeholder inkludiert und in dem gemeinsam über erforderliche Maßnahmen diskutiert wird, wie diese Entwicklung angereizt werden kann. Dabei kann es nicht nur darum gehen, was Politik tun kann, sondern darum zu identifizieren, welche Beiträge jeder Stakeholder zu dieser Gesamtvision beitragen kann und wird. Der Dialogprozess könnte dadurch unterstützt werden, vorgeschaltet eine Machbarkeitsstudie für den Aufbau einer entsprechenden Anbieterstruktur und vertrauenswürdiger Dateninfrastruktur im Freistaat durchzuführen.

Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch, sowohl als Nutzer neuer Systeme als auch als Teil eines integrativen Versorgungsmodells. Aspekte wie erklärbare KI, Datenschutz, geschlechtersensible Probenahme und benutzerfreundliches Design fließen zunehmend in die Entwicklung ein. Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an Aus- und Weiterbildung. Künftige Fachkräfte müssen sowohl technologische als auch medizinische Kompetenzen vereinen können. Entsprechende Ausbildungsformate und gezielte Weiterbildungsangebote zu maschinellem Lernen und Gesundheitstechnologien werden notwendig.

Politisch und strukturell braucht es ein koordiniertes Vorgehen, von ressortübergreifenden Förderstrategien über spezielle Programme zur Translation bis hin zur frühzeitigen Einbindung der Krankenkassen in Genehmigungs- und Markteintrittsfragen. Der Aufbau digitaler Versorgungsstrukturen im ländlichen Raum, die Entwicklung vertrauenswürdiger Datenplattformen und die Positionierung Thüringens als Modellregion für eine datengestützte, personalisierte Medizin bilden zentrale Eckpfeiler dieses Zukunftsbildes. Es sollte geprüft werden, ob der Aufbau eines Trusted Data Centers die entscheidende Basis für den Aufbau einer Modellregion sein kann. Das Trusted Data Center könnte ausgehend von seiner Funktion für den Gesundheitssektor auch branchenübergreifend und als skalierbare Lösung gedacht werden. Das Zentrum sollte nicht nur als reine Infrastruktur zur Bereitstellung von Rechenleistung und Speicherkapazitäten dienen, sondern als institutionelle Plattform, die spezielles Know-how zur Zusammenführung und Nutzung sensibler Gesundheitsdaten bereithält. Wesentlich ist die Implementierung fortschrittlicher Anonymisierungstechnologien, um den sicheren und datenschutzkonformen Umgang mit personenbezogenen Informationen zu gewährleisten. Dieses Zentrum könnte nicht nur als zentrale Ressource für die sichere Datenverarbeitung fungieren, sondern auch als koordinierende Instanz für eine föderale KI-Architektur im Gesundheitswesen auftreten. Indem es die Interoperabilität von Datensystemen fördert und als Plattform für den Austausch und die Analyse von Gesundheitsdaten dient, könnte es eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung einer datengestützten, personalisierten Medizin spielen und zugleich Thüringen als Vorreiterregion für vertrauenswürdige Gesundheitsdateninfrastrukturen etablieren.

eHealth ist kein Randthema, sondern ein strategisches Handlungsfeld für medizinische Qualität, wirtschaftliche Entwicklung und gesellschaftliche Teilhabe. Thüringen kann hier eine Vorreiterrolle einnehmen, wenn es gelingt, Technologie, Vertrauen, Kompetenzentwicklung und Finanzierung zusammenzuführen.

 

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Michel Reichardt

Michel Reichardt Spezialisierungsfeld IKT, innovative und produktionsnahe Dienstleistungen und Spezialisierungsfeld Industrielle Produktion und Systeme

Christoph Grollman

Christoph Grollman Feldübergreifender Projektleiter

Dr. Sophia Gänßle

Dr. Sophia Gänßle Data Analystin für Trendmonitoring und Strategic Foresight